Die mentale Präsenz ist im Spiel genauso wichtig wie die physische Fertigkeit. Es scheint unkompliziert zu sein, im Hier und Jetzt zu verweilen, wenn man bewusst auf den gegenwärtigen Moment achtet, indem man die Gedankengeräusche verringert und die aktuelle Situation erfasst. Doch oftmals sind es unbewusste Augenblicke, die uns dazu verleiten, unseren Gedanken und Gefühlen nachzugeben und uns treiben zu lassen.
In einer 18-Loch-Golfrunde mit etwa 80 bis 90 Schlägen ist es eine Herausforderung, bei jedem Schlag konzentriert zu bleiben. Der Prozess ist dynamisch, ständig wechselnd und bringt immer neue Szenarien hervor. Wenn wir uns im Wettkampf mit anderen befinden, gesellen sich noch weitere Aspekte hinzu. Unser Geist schweift ab, wir kommen ins Gespräch, verlieren uns in Gedanken und Erinnerungen und malen aus, was sein könnte. Bevor wir es bemerken, wird ein wirrer Cocktail aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zur Triebfeder für unseren nächsten Schlag.
Jeder Golfer kennt das Gefühl, während einer vermeintlich guten Runde über seinen Score nachzudenken. Wir verlassen den Pfad und oft führt der nächste Schlag ins Aus. Dieses Abdriften in die Gedankenwelt "was wäre wenn" verändert unsere Gedankenroutine und wir sinken in die Tiefen, anstatt aufzutauchen.
Golf gilt als einer der schwierigsten Sportarten, nicht, weil es schwer ist, den Schwung zu erlernen - ich habe schon Dreijährige gesehen, die den Schläger korrekt schwingen -, sondern weil es eine Herausforderung ist, die eigenen Gedanken und Emotionen unter Kontrolle zu haben. Dies ist in Golf essenziell, da sie einen direkten Einfluss auf das Ergebnis des Schwungs haben
Beim Golf müssen wir fähig sein, aus dem langen, fließenden Strom der Partie (3-5 Stunden) kurz "aufzutauchen", um die Realität des Augenblicks ohne Beschönigung wahrzunehmen. Doch wie oft gelingt uns das? Wie oft machen wir uns etwas vor und verlieren unser Ziel aus den Augen, ohne die Absurdität unserer eigenen Gedanken zu bemerken?
Erst wenn das Ergebnis da ist kommen Zweifel. Es gibt aber auch Kandidaten die auch dann noch nicht aufwachen und weiter daran glauben, dass sie alles richtig gemacht haben. Für diese Kandidaten ist Golf nur bis zu einem bestimmten Level erreichbar.
Ein Beispiel, das mich persönlich betrifft, ist besonders aussagekräftig. In einem 9-Loch-Match um Brutto-Punkte spielte ich gegen einen guten Freund - der Einsatz: der Kaffee danach. Seit Jahren gewinnt er fast immer. Trotzdem habe ich versucht, konzentriert zu spielen und meine neue Schlagroutine dafür zu nutzen, um keine unnötigen Fehler zu machen.
Die ersten sechs Löcher spielte ich relativ gut, sodass ich nach der 6. mit einem Bruttopunkt vorn lag. Das siebte Loch, ein Dogleg nach rechts, ist kein einfaches Loch. Links und rechts ist Wasser, man muss durch die Allee weit spielen. Mit der Siegeszuversicht und dem Vorteil im Rücken wollte ich den Abschlag perfekt ausführen. In meinem Hinterkopf habe ich allerdings schon kalkuliert, dass es höchstens zum Ausgleich kommen könnte. Dieser Gedanke allein hat meine vorherige Gedankenroutine unterbrochen und ich habe sie nicht neu begonnen. Kaum gedacht, und schon lag der Ball im Wasserhindernis. Meine sofortige Analyse: OK, dann sicher vorlegen und Bogey versuchen.
Tatsächlich verlor ich: Doppelbogey gegen Bogey. Nicht so schlimm, nur der Ausgleich. Am achten Loch war ich entspannt und konnte einen für mich sehr guten Abschlag auf 235m Mitte-Fairway platzieren. Der Abschlag meines Freundes ging nach 170m ins Wasser. Der Flight freute sich über meinen guten Abschlag, genau wie ich. Ein gutes Gefühl!
Ich lag unzweifelhaft vorn, hatte eine gute Position und konnte vorlegen, um mit einem 100m-Schlag aus sicherer Position aufs Grün zu kommen. Den Sieg sah ich schon in der Tasche. Aber ich wollte mehr, ich wollte noch näher ran und erinnerte mich, dass ich das schon des Öfteren geschafft hatte. Also nutzte ich meinen weitesten Schläger, um den Ball weit zu schlagen. Mir war irgendwie bewusst, dass es keine gute Idee war. Daher achtete ich besonders auf die Ausholbewegung, die Gewichtsverlagerung, die Handgelenke usw., weil ich den weiten, perfekten Schlag von der Bahn 6 wiederholen wollte. Im Nachhinein würde ich sagen, ich habe mich damit in einen Zielkonflikt gebracht. Dieser Konflikt aus quasi-Bewusstsein, meinem Unterbewusstsein und den in der Muskulatur gespeicherten Bewegungsabläufen resultierte in einem Schlag, der mit vollem Slice ins Aus ging. Es war so, als wenn drei Streiten und dann alle gleichzeitig etwas nicht koordiniertes tun, nur um es getan zu haben.
Der provisorische Ball mit dem gleichen Schläger landete 165 m weit vorn, rechts gepullt im Wasser. Auch hier war der Streit noch nicht beendet. Für das Spiel bedeutete dies keine Möglichkeit mehr, Bruttopunkte zu erzielen. Mein Freund konnte nur um wenige Zentimeter, also knapp, auch keinen Bruttopunkt erzielen, also weiterhin Unentschieden am letzten Loch.
Meine Chance, das Spiel für mich zu gewinnen. Ich spürte noch die Überlegenheit. Den Mega-Abschlag der 8. im Kopf (235m) und den Wunsch, noch einmal einen guten Drive abzuliefern und als Sieger vom Platz zu gehen, vermittelten mir irgendwie ein gutes Gefühl. Das Loch war verkürzt und 180 plus 80m sollten fürs Grün locker reichen. Aber auch hier konnte ich den inneren Streit der Beteiligten in mir nicht in die Realität zurückholen, da ich mir des Streits nicht bewusst war. So ließ ich alle Beteiligten weiter ihr Ding machen und so landete mein 230m Abschlag wieder als Mega-Slice im rechten Aus.
Damit war das Match nicht durch den Gegner gewonnen oder durch schlechte Technik, sondern durch meine Unachtsamkeit für den Augenblick durch mich verloren.
Ich musste den schon gewonnen geglaubten Kaffee bezahlen.
Dieses Beispiel zeigt, dass wir in das Spielgeschehen zu sehr eintauchen und uns dort im wahrsten Sinne des Wortes verlieren können, indem wir unsere Gedanken so hinnehmen, wie sie nicht falscher sein könnten, um zeitlich das falsche Problem zu lösen. Klare Gedanken und Gefühle, die mit unseren Erfahrungen synchronisiert sind und den Augenblick so sehen, wie er ist, tragen dazu bei, dass wir den Schlag ausführen können, den wir geübt haben.
Um regelmäßig aus dem Spielgeschehen aufzutauchen und uns den Augenblick bewusst zu machen, brauchen wir Ankerpunkte. Diese erinnern uns daran, immer wieder aus dem tiefen Spiel aufzutauchen. Diese Ankerpunkte beginnen mit der vollständigen Schlagroutine, die wir bei möglichst jeder Aufgabe durchführen sollten.Der Fluss der Gedanke muss dabei möglichst gleich sein.
Aber Vorsicht: Eine falsche Routine, immer wieder schlechte Gedanken, negatives Denken, gehört bei vielen auch zur vollständigen Routine. Aber das hilft nicht besser zu werden, stabilisiert jedoch genauso deine Spielqualität.
Jede Runde ist anders. In jeder Runde tauchen wir anders ab, aber jedes Loch beginnt beim Abschlag unter relativ konstanten Bedingungen. Spätestens am Abschlag sollte uns klar sein, dass wir auftauchen müssen.
Es wird schwieriger beim zweiten und dritten Schlag. Hier prasseln zusätzliche verschiedene Eindrücke und Hindernisse auf uns ein. Hier lässt man sich noch schnell vom Eigentlichen ablenken. Oft schätzt man die Situation nicht objektiv ein, wir müssen die Sache so wahrnehmen, wie sie ist und nicht so, wie wir sie sehen wollen.
Klar ist, erfolgreiche Hochrisikoschläge erfüllen uns mit besonders viel Euphorie, die wir während einer Runde oft vermissen. Insgesamt tragen sie jedoch langfristig wenig dazu bei, dass wir uns besser fühlen und haben für das Gesamtergebnis nur selten eine wirkliche Bedeutung.
Auf der Golf-Runde benötigen wir Geduld, um den Druck auszuhalten und das Risiko nicht zu übersteigern. Es ist wichtig, dass wir uns Gedanken zu unserem Kompetenzrahmen machen und jeden zukünftigen Schlag danach beurteilen.
Wir sollten auf der Runde möglichst nur Schläge ausführen, die im Kompetenzbereich von maximal 7 (30% Risiko) liegen. Ist man jedoch auf dem "Flugplatz", sind auch 9 oder 10 akzeptabel.
Um dies zu erreichen, benötigen wir eine physische und psychische Schlagroutine, die uns bis zum Ende des Schlages kurz auftauchen lässt. Eine Routine, die uns hilft, klare und gute Entscheidungen auf der Runde zu treffen. Am besten gelingt dies, wenn wir die Runde im Voraus planen. Dabei sollten wir festlegen, was nötig und was unnötig ist: Driver Ja/Nein, passende Distanzen. Wo sind meine sicheren Startpunkte für Grün-treffer ?
Am einfachsten ist es, achtsam und konzentriert zu sein, wenn man anfängt, seine Runden zu dokumentieren. Denn auch Erinnerungen verschwimmen im Gedankensee leicht. Mit der Caddylog-WebApp kann man seine Runden auf ausgewählten Golfplätzen tracken und für jede Bahn einen Plan anlegen, den man einfach während der Runde abrufen kann.
Zusammengefasst ist eine Vorbereitung der Runde und das Setzen entsprechender Auftauchpunkte (durch Routine) eine Voraussetzung, um gute Runden zu spielen. Dies muss sowohl im Training als auch auf der Runde geübt werden. Man könnte sagen, eine verinnerlichte Routine stabilisiert die spielerische Leistung auf dem Niveau, auf dem sich deine Routine befindet.
Eine individuelle Golf-Technik ist die Voraussetzung, um überhaupt Golf zu spielen. Um dich zu verbessern, musst du an deiner Gesamt-Routine arbeiten, anstatt dich zu sehr auf die Technik zu konzentrieren. Du musst alle Aspekte des Schlages üben.
Die Kraft der Routine und Vorbereitung ist nicht zu unterschätzen. Eine gründliche Vorplanung der Runde kann einen großen Unterschied machen und dich in eine bessere Position für den Erfolg bringen.
Es ist leicht, sich von einem schlechten Schlag oder einer Situation ablenken zu lassen. Aber indem du deine Aufmerksamkeit immer wieder auf den gegenwärtigen Moment zurückführst und dich auf das konzentrierst, was du kontrollieren kannst, bist du in der Lage, deine Leistung zu optimieren.
Und schließlich, vergiss nicht, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen und dass sie ein wichtiger Teil des Lernprozesses sind. Wichtig ist, dass du aus deinen Fehlern lernst und sie als Gelegenheit zur Verbesserung siehst, anstatt sie als Rückschläge zu betrachten.
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